„Die Coronapandemie wirkt wie ein Brennglas und hat die sträfliche Vernachlässigung der Gesundheitsbranche in den letzten Jahren deutlich sichtbar gemacht“ kritisierte SPD Landtagskandidat Philipp Göhner bei der virtuellen Betriebsbesichtigung der Nagolder und Wildberger Sozialdemokraten im Sanitätshaus Schaible. Die Geschäftsführerin des 75 Jahre alten Familienunternehmens, Dr. Sonja Schaible, berichtete den Gästen virtuell über ihren Betrieb und die Herausforderungen der Coronapandemie: „Wir sind systemrelevant – und positiv überrascht, dass dies endlich auch wahrgenommen wird.“
Beim Blick auf die unterschiedlichen Sparten des Unternehmens wird jedoch schnell klar weshalb: die 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen in den vier unterschiedlichen Sparten häufig im direkten persönlichen Kontakt mit den Patienten. In den Homecarebereich fallen beispielsweise körpernahe Versorgungen bei Stoma, Inkontinenz, künstlicher Ernährung oder Wunden, auf die nicht verzichtet werden kann. Die Versorgung mit Pflegebetten oder Sauerstoffgeräten zuhause bei den Patienten, das Anpassen von Prothesen in der Orthopädietechnik oder die persönliche Beratung und der Verkauf von Bandagen, Kompressionsstrümpfen oder Pflegehilfsmitteln – all dies muss überwiegend persönlich vor Ort bei und mit den Kunden erfolgen. Distanz einzuhalten ist hier oftmals nicht möglich, und so legte die Medizinerin Sonja Schaible von Anfang an Wert auf den Einsatz von FFP 2-Masken, ausgefeilte und zertifizierte Hygienekonzepte sowie digitale Messungen, dank derer keiner der neun Standorte während der Pandemie geschlossen werden musste.
SPD Kreisrätin Katrin Heeskens aus Bad Liebenzell, die im Bereich Pflegewissenschaft tätig ist, erkundigte sich nach der Verfügbarkeit von Coronatests für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Von Anfang seien Tests bestellt und engmaschige Kontrollen durchgeführt worden, bestätigte Dr. Sonja Schaible: „Wir möchten unser Team schützen aber wir stehen auch in der Verantwortung gegenüber unseren Kunden.“ Durch die, vom Unternehmen selbst finanzierten, Tests entstand eine größere Sicherheit. Der Nagolder Mediziner Dr. Helmut Kolthoff lobte das Konzept der Firma Schaible und forderte, dies sei ein gelungenes Beispiel dafür, wie es nun dringend bei Öffnungsstrategien etwa im Einzelhandel zum Einsatz kommen müsste. Aus dem neuen Alltag der Schulen in Rottenburg am Neckar berichtete die SPD Kreisvorsitzende Daniela Steinrode: „Dort besteht nun die Möglichkeit, sich zweimal wöchentlich testen zu lassen. Dadurch und in Kombination mit Impfungen rücken auch umfassendere Schulöffnungen wieder in greifbare Nähe.“ Dr. Sonja Schaible, die über ihr Engagement bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) einen Einblick in die aktuelle, bedrückende Situation des Einzelhandels hat, unterstützte die Idee von umfassenderen und ausgefeilten Teststrategien. „Damit könnten jetzt viele Existenzen im stationären Handel gerettet und den Menschen geholfen werden. Man braucht ein Konzept, so dass der Einzelhandel wieder öffnen kann.“ So war auch das Haus Schaible im Jahr 2020 für vier Monate in Kurzarbeit gewesen, denn die Anzahl der Kunden in den Sanitätshäusern hatte sich zeitweise um mehr als 50 % reduziert, auch bedingt durch eine rückläufige Zahl von Sportverletzungen, weniger Arztbesuchen und generell zurückhaltendem Einkaufsverhalten. Die niedrige Frequenz in den Innenstädten strahlt sichtbar auf alle Einzelhändler aus. SPD Gemeinderat Daniel Steinrode lenkte den Fokus auf die Menschen in den Pflegeheimen, die oft wochenlang in Isolation vor den Angehörigen gelebt hatten. Daniel Geese, evangelischer Pfarrer der Gemeinden Vollmaringen und Schietingen, der Pflegeheimbewohner seelsorgerisch betreut, betonte, dass das Abschiednehmen von Angehörigen im Anblick des Todes sich nicht nur dort, sondern auch im häuslichen Bereich sehr verändert habe. Darüber hinaus wünschte sich Geese klarere Aussagen und eine größere Unterstützung älterer Menschen beim Thema Impfen. Steinrode kritisierte die unzureichende und schleppende Impfstoffbeschaffung. Dr. Ulla Utters, Ärztin aus Altensteig und SPD Kreis- und Gemeinderätin, beanstandete, dass es keinen umfassenden Plan gebe, wann Hausarztpraxen in die Impfung miteinbezogen werden. Eine schnellere Impfung wäre über die Praxen durchaus möglich. Philipp Göhner betonte, dass es zukünftig ein umfassendes Grundkonzept geben müsse, das dann bei den zuständigen Ämtern liege und im Bedarfsfall aus der Schublade geholt und umgesetzt werden könne. Die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Schömberg, Marlene Rupprecht, regte einen Austausch über das Gesundheitsnetzwerk im Landkreis an. Eine Nachlese und das Einarbeiten der jetzigen Erfahrungen sind grundlegend für einen schnelleren Umgang mit möglichen zukünftigen Pandemien oder ähnlichen Krisensituationen, darin waren sich die Gäste der Veranstaltung alle einig.